Schwäbisch soll salonfähig werden

Simmozheim: Sechster Gemeindeabend mit Regierungspräsident Hubert Wicker

Sindelfinger Zeitung, 13.03.2004 - von unserem Mitarbeiter Matthias Staber

„Der Charme der Langsamkeit - Mundart und Kommunalpolitik“: So lautete das Motto des sechsten Simmozheimer Gemeindeabends im Evangelischen Gemeindehaus. Dabei hat der Tübinger Regierungspräsident Hubert Wicker den von ihm gegründeten Förderverein „Schwäbischer Dialekt“ vorgestellt.

„Ich möchte über den Kirchturm hinaus präsent sein und die Menschen über die Mundart ansprechen“, sagt der Simmozheimer evangelische Pfarrer Manfred Mergel, den die meisten als den Mundartpfarrer kennen: „So spreche ich die Sprache der Menschen, die ich betreue und kann das Evangelium als etwas Persönliches weitergeben, und nicht als etwas Abstraktes.“ Bei den Kirchenoberen stößt er allerdings nicht mit jeder schwäbischen Predigt auf Gegenliebe.

Am 1. Februar 2002 kam Mergel von Gärtringen nach Simmozheim und veranstaltet hier seither zwei- bis dreimal im Jahr einen Gemeindeabend: „Meine Zielgruppe sind bewusst nicht nur Mitglieder der Gemeinde, sondern alle Simmozheimer Bürger.“

Gut besucht ist das Evangelische Gemeindehaus auch wieder am Donnerstagabend, zu dem sich Pfarrer Mergel einen prominenten Mitstreiter in Sachen Salonfähigkeit des Schwäbischen eingeladen hat: „Die Verwendung der Mundarten in unterschiedlichen Bereichen zu fördern“, ist ausdrückliches Ziel des vom Tübinger Regierungspräsidenten Hubert Wicker gegründeten Fördervereins „Schwäbischer Dialekt“.

„Wir sollten uns unseres Dialekts nicht schämen, sondern ihn selbstbewusst sprechen“, sagt Wicker, schränkt aber ein: „Natürlich ist es aber wichtig, dass ein Kind heutzutage lernt, Schriftdeutsch zu sprechen. Das muss ebenso sein wie das Lernen von Englisch, ohne das heute nichts mehr geht.“

Dass aber beispielsweise beim SWR nur Sprecher werden könne, bei wem die regionale Sprachfärbung nicht mehr hörbar ist, hält Wicker für eine Fehlentwicklung. „Beim Bayrischen Rundfunk spricht zwar auch niemand breites Bayrisch. Aber Sie hören trotzdem, dass die Leute aus Bayern stammen.“

Wohldosiert eingesetzt könne der Dialekt gerade in der Kommunalpolitik entkrampfend wirken. „Ich halte allerdings gar nichts davon, jetzt zwanghaft Schwäbisch zu verordnen: Es muss zu den Leuten und dem Anlass passen.“

Förderverein „Schwäbischer Dialekt“

Konrad-Adenauer-Straße 20,

72072 Tübingen,

Telefon 07071 / 7573292

Internet: www.schwaebischer-dialekt.de

 

Eine hochinteressante Begegnung in Simmozheim: Der Tübinger Regierungspräsident Hubert Wicker (rechts) war zu Gast bei Pfarrer Manfred Mergel.